24 Niederlagen in Serie, 6 Monate ohne Sieg
9 Learnings aus der schlimmsten Saison meiner Karriere
Philipp Kroiss


Mitte Oktober.
Wir haben gerade Paris geschlagen.
Der zweite Sieg im zweiten Spiel der Saison.
Keiner von uns rechnete damit, dass es der letzte Erfolg sein sollte.
Denn von da an ging es nur noch bergab
Der Zuspieler stand von Anfang an in der Kritik und bekam unglaublich viel Druck vom Trainer.
Manche meiner Mitspieler sahen dies als Einladung, es dem Trainer gleich zu tun, und hackten ebenfalls auf dem Zuspieler herum.
Zu Weihnachten wurde er rausgekickt.
Dann bricht sich unser Hauptangreifer die Hand
An seiner Stelle musss ein Junger ran, der 0 Erfahrung auf diesem Niveau mitbringt.
Von Woche zu Woche wird die Stimmung schlechter.
Wir versuchen, unseren Job zu machen, akribisch zu arbeiten und am Samstag abzuliefern.
Doch sind wir so verunsichert, dass wir in den heißen Phasen stets versagen.
Als wir bei 8 Niederlagen in Folge stehen, ...
... schreibe ich einen neuen persönlichen Negativrekord an.
Bis zum Ende der Saison werden es 24.
6 Monate ohne Erfolgserlebnis.
6 Monate, in denen man täglich ins Training geht und auf Grund der sich immer wiederholenden Fehler und zwischenmenschlichen Konflikte frustriert und niedergeschlagen nachhause kommt und einfach nicht mehr weitermachen will.
Meine 9 Learnings aus dieser furchtbaren Zeit:
#1: Manche Spieler sind wie Krebsgeschwüre
Die Welt dreht sich nur um sie selbst. Wenn es nicht läuft, zeigen sie ihre zerstörerische Seite und bringen den Organismus Mannschaft ganz langsam um.
#2: Verlieren kratzt am Selbstwert
Auch noch im Alter von Mitte 30. Mit jeder weiteren Niederlage wurde ich unglücklicher. Mit jeder weiteren Niederlage fühlte ich mich nicht gut genug. Erfahrung hin oder her. Wenn man jeden Samstag auf den Deckel bekommt, dann hinterlässt das einfach Spuren.
#3: Negativität ist keine Lösung
Trainer, Kapitän und auch wir Spieler: Ab einem gewissen Moment badeten wir uns in Negativität. Alles war schlecht. Auch wenn es nicht schlecht war. Anstatt für ein wenig Leichtigkeit zu sorgen, machten wir alles noch komplizierter, wurden wir noch strenger mit den anderen und mit uns selbst.
#4: Auch "Fans" können dich runterziehen
Echte Fans pushen dich in diesen schwierigen Phasen. Falsche Fans stellen nach ein paar Niederlagen Behauptungen auf wie: „Die wollen ja gar nicht gewinnen!“ Dann beginnen sie, während den Spielen unnötige Beleidigungen reinzurufen. Ja, Richtung eigenes Team! Schließlich streiken sie, weil sie enttäuscht sind. Wir hatten in dieser Saison falsche Fans.
#5: Richtige Freunde im Team sind extrem wichtig
Ich hatte in dieser Saison 4 davon. Das ist viel. Wir sahen uns öfter außerhalb des Trainings, um nachmittags gemeinsam einen Kaffee zu trinken oder abends essen zu gehen. Und das war so wichtig in dieser Seuchen-Saison.
#6: Galgenhumor bringt's
Je mehr wir uns über unsere Unfähigkeit lustig machten, desto besser war sie zu verarbeiten. Galgenhumor habe ich schon sehr oft erlebt im Profisport. Und ja, er kann tatsächlich sehr erleichternd sein.
#7: Leg' dir eine Freundin zu! ;)
Die Trainings, in denen wir vom Coach den Kopf gewaschen bekamen und nichts auf die Reihe brachten, waren noch schwerer zu verkraften, wenn ich danach nachhause kam und alleine war. Meine eigenen Unzulänglichkeiten am Feld, spielerisch oder kommunikativ, liefen dann in meinem Kopf in Dauerschleife. Ich konnte schwer einschlafen und nachts träumte ich vom Versagen. War meine Freundin zu Besuch, war alles anders. Ich ließ den Volleyball an der Haustüre liegen und genoss die Abende mit ihr.
#8: Ein Mentaltrainer wäre Gold wert gewesen
Doch auf diese Idee kam im Verein niemand. Ein, zwei Team-Sessions mit einem guten Mann oder einer guten Frau hätten uns auf jeden Fall einige Knoten lösen lassen. Und individuelle Einheiten wären sicherlich gut besucht worden. Alleine schon deswegen, um sich mal alles von der Seele reden zu können.
#9: Das wichtigste sind die zu machenden Hausaufgaben
Letztendlich war die für mich wirksamste Technik, um diese 6 Monate an Versagen, Enttäuschung, Kritik, Frust und permanenter Niedergeschlagenheit zu durchstehen, die Folgende: Ich versuchte akribisch alles dafür zu tun, der beste Volleyballer zu sein, der ich sein konnte. Keine Ausreden, keine übersprungenen Reps im Krafttraining, kein Beschuldigen der Anderen im Training. Mein Credo: So lange ich strikt meine Hausaufgaben mache, kann ich mir nichts vorwerfen. Auch wenn ich dann schlecht bin am Spieltag. Auch wenn wir dann wieder verlieren …
Welches der 9 Learnings spricht dich am meisten an?
Wie lang war deine längste Niederlagen-Serie?
Was hast du aus ihr mitgenommen?